Cum-Cum-Geschäfte: Anklage zugelassen!

Ein Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 10. Dezember 2024 könnte die strafrechtliche Aufarbeitung von Cum-Cum-Geschäften erheblich vorantreiben. Bislang griffen Staatsanwaltschaften und Gerichte das Thema in strafrechtlicher Hinsicht eher zögerlich auf. Erstmals wurde nun eine Anklage wegen Steuerhinterziehung in diesem Zusammenhang zugelassen. Wer in der Vergangenheit an Cum-Cum-Geschäften beteiligt war, sollte dringend prüfen, ob die Notwendigkeit einer Anzeige oder sogar einer strafbefreienden Selbstanzeige besteht.

 

Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden hat gegen ehemalige Manager der Deutschen Pfandbriefbank Anklage wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Cum-Cum-Geschäften erhoben. Das Landgericht Wiesbaden hatte die Anklage im Februar 2024 nicht zugelassen und die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat das Oberlandesgericht Frankfurt nun die Anklage für zulässig erklärt. 

Cum-Cum-Gestaltungen sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Steuerausländer die Definitivbelastung mit Kapitalertragsteuer auf Dividendenausschüttungen vermeidet, indem er seine inländischen Aktien vor dem Dividendenstichtag auf eine inländische Person überträgt, die kapitalertragsteueranrechnungsberechtigt ist, und nach der Ausschüttung der Dividende wieder zurück übertragen bekommt.

Die Finanzverwaltung vertritt seit dem BMF-Schreiben vom 9. Juli 2021 die Auffassung, dass der Steuerinländer bei Cum-Cum-Geschäften nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien wird, was aber Voraussetzung für die Anrechnung der Kapitalertragsteuer ist. In dem bis dahin geltenden BMF-Schreiben vom 17. Juli 2017 hatte die Finanzverwaltung noch die gegenteilige Auffassung vertreten.

Zur Begründung der unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben führt die Staatsanwaltschaft aus, dass gegenüber der Finanzverwaltung die Einbettung in eine umfassende vertragliche Gestaltung im Sinne eines Modells zur Steuervermeidung nicht erwähnt und nicht näher dargestellt wurde. 

In der Hauptverhandlung wird demnach die Frage zu beantworten sein, welche Offenlegungspflichten bei Cum-Cum-Gestaltungen in der Vergangenheit bestanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestehen diese, wenn die von dem Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung vertretene Auffassung über die Auslegung von Rechtsbegriffen oder die Subsumtion bestimmter Tatsachen von der Rechtsprechung, Richtlinien der Finanzverwaltung oder der regelmäßigen Veranlagungspraxis abweicht. Zudem wird zu klären sein, ob die Pflicht besteht, Steuererklärungen aus den Vorjahren zu berichtigen und inwieweit vorab eingeholte Rechtsgutachten strafrechtlich exkulpieren. 

Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main dürfte danach für die strafrechtliche Aufarbeitung der Cum-Cum-Geschäfte erhebliche Signalwirkung haben. Bundesweit sind im Zusammenhang mit Cum-Cum-Gestaltungen bereits zahlreiche Ermittlungsverfahren anhängig. 

Beteiligte an Cum-Cum-Geschäften sollten dringend fachkundigen Rat einholen, um zu prüfen, ob Erklärungen berichtigt oder gar vorsorglich eine Selbstanzeige abgeben werden sollte.