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BFH zur Unvereinbarkeit der Pauschalbesteuerung von "schwarzen" Investmentfonds mit Gemeinschaftsrecht

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 18. November 2008 (Az.: VIII R 24/07, Link zum Urteil) kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass die in § 18 Abs. 3 des AuslInvestmG geregelte Pauschalbesteuerung von Erträgen aus so genannten schwarzen oder intransparenten ausländischen Investmentanteilen gegen das Gemeinschaftsrecht, insbesondere die in den Artikeln 73b bis 73g EGV (jetzt Art. 56 bis 58 EG) geregelte Freiheit des Kapitalverkehrs verstößt.


§ 18 Abs. 3 AuslInvestmG kommt immer dann zur Anwendung, wenn im Ausland ansässige Fondsgesellschaften den in § 17 Abs. 3 AuslInvestmG normierten Anzeige-, Veröffentlichungs- und Nachweispflichten nicht vollumfänglich nachkommen.

Die Pauschalbesteuerung gem. § 18 Abs. 3 AuslInvestmG sieht vor, dass neben den Ausschüttungen auf die ausländischen Anteile 90% des eine positive Kurssteigerung ausmachenden Betrages, mindestens aber 10% des letzten in einem Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreises anzusetzen sind. Dies gilt insbesondere auch im Fall einer negativen Wertentwicklung. Im Zusammenhang mit der Rückgabe oder Veräußerung von ausländischen Investmentanteilen sind - ggf. zusätzlich - 20% des erzielten Erlöses anzusetzen.

Im Ergebnis führt die Anwendung des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG so oftmals dazu, dass Beträge der Einkommensteuer zu unterwerfen sind, die die tatsächlich erzielten Einnahmen erheblich, in Extremfällen sogar um ein Vielfaches übersteigen.

Vor diesem Hintergrund wird in Literatur und der Rechtsprechung einiger Finanzgerichte schon seit längerem vertreten, dass diese Norm die europarechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Kapitalverkehrsfreiheit verletzt.

Schon im Jahr 2005 hatte der BFH im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit von § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG mit dem in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) niedergelegten Grundrecht auf Gleichbehandlung geäußert (BFH, Beschluss vom 14. September 2005, Az.: VIII B 40/05).

In der jetzt bekannt gemachten Entscheidung bestätigt er die von der Vorinstanz (dem FG Köln) bezogene Position, wonach die in § 18 Abs. 3 Sätzen 1 und 4 AuslInvestmG für „schwarze“ Fonds vorgeschriebene Pauschalbesteuerung mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar sei, weil sie offensichtlich gegen die in Art. 73b Abs. 1 EGV (jetzt Art. 56 Abs. 1 EG) verbürgte Freiheit des Kapitalverkehrs verstoße.

Im zu entscheidenden Fall hatte eine Anlegerin Kapitalanlagen in Luxemburg getätigt. U. a. hatte sie auch in so genannte schwarze Fonds investiert. Nachdem die Anlegerin verstorben war, stellte das Finanzamt entsprechend der Vorschrift des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG gegenüber deren Erben - den späteren Klägern - für die Jahre 1993 und 1994 Erträge fest, die die tatsächlichen Zuflüsse in 1993 um mehr als 25%, in 1994 sogar um mehr als 90% überstiegen.

Nachdem die gegen die ergangenen Feststellungsbescheide eingelegten Einsprüche erfolglos geblieben waren, gab das Finanzgericht Köln den Klägern im finanzgerichtlichen Verfahren Recht. Auf die gegen dieses Urteil seitens des Finanzamts eingelegte Revision hin hatte sich schließlich der BFH mit der Angelegenheit zu beschäftigen:

In seiner Entscheidung stellt der BFH klar, dass die auf § 18 Abs. 3 AuslInvestmG beruhende Feststellung der Erträge aus den ausländischen Investmentfonds nicht mit europäischem Recht vereinbar ist.

Die Feststellung der Einkünfte hat im Streitfall zwar den Vorschriften des deutschen Steuerrechts entsprochen. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH gilt jedoch der Anwendungsvorrang gemeinschaftsrechtlicher Grundfreiheiten vor nationalem Recht auch für die Ausgestaltung der nationalen Ertragsteuersysteme. Daher haben die nationalen Behörden und Gerichte die nach Auffassung des BFH den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zur Kapitalverkehrsfreiheit entgegenstehenden und diskriminierenden Regelungen des § 18 AuslInvestmG unangewendet zu lassen.

§ 18 AuslInvestmG sieht nach Anschauung des BFH für die Kapitaleinfuhr oder
-ausfuhr im Vergleich mit dem inländischen Kapitalverkehr abweichende und nachteilige Regelungen vor, die geeignet sind Steuerpflichtige davon abzuhalten, ihr Kapital bei ausländischen Gesellschaften anzulegen.

Auch die in Art. 73d EGV (jetzt Art. 58 EG) normierte Ausnahmeregelung, wonach die Kapitalverkehrsfreiheit nicht das Recht der Mitgliedsstaaten berührt, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden und Steuerpflichtige mit unterschiedlichen Kapitalanlageort unterschiedlich zu behandeln, rechtfertigt nach Meinung des BFH nicht die durch § 18 AuslInvestmG herbeigeführte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit. Nationale Bestimmungen - so ständige Rechtsprechung des EuGH - dürfen nämlich weder als Mittel zur willkürlichen Diskriminierung oder verschleierten Beschränkung des freien Kapitalverkehrs wirken, wie es nach der Entscheidung des BFH bei § 18 AuslInvestmG aber der Fall ist.

Auch Gründe des Allgemeininteresses, die eine ausnahmsweise Beschränkung der europarechtlichen Grundfreiheiten zwingend rechtfertigen könnten, sieht der BFH nicht. Das Erfordernis der wirksamen Steuerkontrolle, in dem ein solcher Grund liegen könnte, berechtige nicht dazu, Maßnahmen der Steueraufsicht diskriminierend anzuwenden. Da § 18 AuslInvestmG eine unzulässige Diskriminierung von Anteilseignern ausländischer Investmentfonds darstelle, handele es sich insoweit nicht um eine zulässige Maßnahme zur Sicherstellung der tatsächlichen Erfassung der Besteuerungsgrundlagen.

§ 18 AuslInvestmG und die durch ihn angeordnete Schlechterstellung der Inhaber von Anteilen ausländischer Investmentfonds im Vergleich zu Anteilseignern inländischer Fonds entspricht nach Auffassung des BFH ferner nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

Danach muss eine Maßnahme geeignet sein, das verfolgte Ziel zu erreichen und darf dabei nicht über das hinausgehen, was hierzu objektiv notwendig ist.

Die Beachtung dieses Prinzips spricht der BFH der Pauschalbesteuerung des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG ab. Die Pauschalbesteuerung des § 18 Abs. 3 AuslInvestmG sei nicht erforderlich, um eine dem Leistungsfähigkeitsprinzip genügende Besteuerung der Erträge aus sog. „schwarzen“ Fonds zu erreichen

Die Unverhältnismäßigkeit zeige sich schon darin, dass die Sätze der Pauschalbesteuerung im Rahmen der Einführung des Investmentsteuergesetzes (InvStG, für Veranlagungszeiträume ab 1. Januar 2004) deutlich reduziert worden seien.

Unverhältnismäßig sei insbesondere, dass die an den letzten Rücknahmepreis gekoppelte Mindestbesteuerung auch dann eingreife, wenn der Steuerpflichtige den Anteil erst kurz vor Ablauf des Jahres erworben habe oder der Wert des Anteils im Lauf des Jahres gesunken sei. Dies könne im Einzelfall zu einer unzulässigen Substanzbesteuerung führen.

Unverhältnismäßig sei ferner die Pauschalbesteuerung des Zwischengewinns mit 20% des bei der Veräußerung oder Rückgabe des Anteils erzielten Entgelts ohne Rücksicht auf die Haltedauer.

Im Streitfall hatte es sich so verhalten, dass Erträge aus Fondsanteilen, die im zu besteuernden Jahr nur 13 Tage gehalten worden waren, in Höhe von 20% des Veräußerungsentgelts angesetzt werden sollten. Nach Anschauung des BFH führt eine derartige Besteuerung des Zwischengewinns offensichtlich zu einer Substanzbesteuerung, da ausgeschlossen werden könne, dass aus den Anteilen innerhalb dieses kurzen Zeitraums ein Zwischengewinn in Höhe von 20% des Veräußerungsentgelts angefallen sei.

Wiederum sieht der BFH eine Stütze seiner Auffassung im Vorgehen des Gesetzgebers bei Schaffung des InvStG. In § 5 Abs. 3 InvStG wird nunmehr nämlich eine Pauschalbesteuerung des nicht nachgewiesenen Zwischengewinns mit „lediglich“ 6% des Veräußerungsentgelts angeordnet. Nach Auffassung der Verwaltung ist dieser Pauschalwert sogar nur dann ungekürzt anzusetzen, wenn der Anteil erst am Jahresende veräußert wird (BMF-Schreiben vom 2. Juni 2005 IV C 1 -S 1980-1- 87/05, BStBl. I 2005, 728, 745, Tz. 121).
Im Ergebnis hält der erkennende Senat des Bundesfinanzhofs die Europarechtswidrigkeit nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG für derart eindeutig, dass es einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht bedürfe.

Seine Wertung entspreche zum einen der ständigen Rechtsprechung des EuGH und zum anderen offenbar auch der Auffassung des nationalen Gesetzgebers. Dieser habe im Investment-Modernisierungsgesetz vom 9. Dezember 2004 selbst die steuerliche Ungleichbehandlung der Erträge aus inländischem und ausländischem Investmentvermögen unter ausdrücklichem Hinweis auf die durch Art. 56 EG gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit beseitigt.

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