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BGH zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung

Seit dem 14. Januar liegen die schriftlichen Urteilsgründe der viel beachteten Entscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2008 vor. Darin macht der 1. Senat wichtige Ausführungen zu den Grundsätzen der Strafzumessung bei einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung. Die wichtigsten Feststellungen in der Zusammenfassung:


Weil die Strafnorm der Steuerhinterziehung, § 370 AO das rechtzeitige und vollständige Steuerauf-kommen sichert, hat die Höhe der verkürzten Steuern besonderes Gewicht bei der Zumessung einer Strafe wegen Steuerhinterziehung. Der Hinterziehungsbetrag ist darüber hinaus ein gewichtiger Strafschärfungsgrund.

Eine Strafzumessung hat immer für den Einzelfall zu erfolgen, deshalb hält der 1. Senat eine „tarifmäßige“ schematische Bemessung der Strafhöhe nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages nicht für zulässig. Er ist jedoch der Ansicht, dass eine Ausrichtung der Strafhöhe an den Wertungen des Gesetzgebers für den in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO normierten besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung („in großem Ausmaß Steuern verkürzt“) zu erfolgen hat.

Dabei sollen vergleichbare Kriterien wie für den besonders schweren Fall des Betruges zur Anwendung kommen, bei dem ein Vermögensverlust in Höhe von € 50.000 als Verwirklichung des Regelbeispiels „in großem Ausmaß“ eines besonders schweren Falles anzusehen ist.

Auch in Steuerhinterziehungsfällen liegt das Merkmal „in großem Ausmaß“ nach Auffassung des Senats nur dann vor, wenn der Hinterziehungsbetrag € 50.000 übersteigt. Diese Wertgrenze soll unabhängig davon gelten, ob es sich um kleine oder große Geschäftsvolumina handelt, bei denen diese Größenordnung naturgemäß schneller erreicht wird.
Das begründet der Senat damit, dass die Auswirkungen der Tat auf das geschützte Rechtsgut – das Steueraufkommen – durch „qualitative“ Besonderheiten des Falles nicht berührt werden. Betragsgrenzen schaffen zudem größere Rechtssicherheit für die Praxis. Folgende Betragsgrenzen hat der 1. Strafsenat genannt:

  • 50.000 € als besonders schwerer Fall bei „Vermögensverlust“ des Fiskus
    Erlangt der Täter ungerechtfertigte Zahlungen vom Finanzamt („Steuerbetrug“), z. B. durch Umsatzsteuerkarusselle, Kettengeschäfte, kommt die Betragsgrenze von € 50.000 für die Annahme eines besonders schweren Falles zur Anwendung.
  • 100.000 € als besonders schwerer Fall in anderen Fällen
    Wurde die Steuerhinterziehung durch das Verschweigen von Einkünften begangen oder das Finanzamt in anderen Fällen pflichtwidrig in Unkenntnis gelassen, so liegt die Wertgrenze für das „große Ausmaß“ bei 100.000 €.
  • Ab 100.000 € grundsätzlich (aussetzungsfähige) Freiheitsstrafe
    Bei einem sechsstelligen Hinterziehungsbetrag kommt die Verhängung einer Geldstrafe nur bei Vorliegen von gewichtigen Milderungsgründen in Betracht. In der Regel ist hier also eine Freiheitsstrafe zu verhängen, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
  • Ab 1.000.000 € Freiheitsstrafe ohne Bewährung
    Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe sind Freiheitsstrafen zu verhängen, die grundsätzlich nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden können. Nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe kommt eine Bewährungsstrafe in Betracht. Zudem ist in diesen Fällen regelmäßig eine öffentliche Hauptverhandlung durchzuführen; das Strafbefehlsverfahren erscheint dem Senat nicht geeignet.

Der Senat hat darüber hinaus Ausführungen zu möglichen Strafmilderungs- oder Strafschärfungs-gründen gemacht. Als Strafmilderungsgründe sind unter anderem zu würdigen:

  • Die „Schadenswiedergutmachung“ durch Nachzahlung der verkürzten Steuern als besonders strafmildernder Umstand;
  • Wenn die verkürzte Steuer im Verhältnis zu den vom Täter gezahlten Steuern nur einen geringen Teil ausmacht;
  • Die Lebensleistung des Täters und sein Verhalten nach der Tat, wie zum Beispiel ein frühzeitiges Geständnis und das Bemühen um die Nachzahlung der Steuern.


Strafschärfend wirken sich beispielsweise aus:

  • Wenn unter Vorspiegelung erfundener Sachverhalte in erheblichem Umfang ungerechtfertigte Vorsteuererstattungen erlangt wurden;
  • Wenn aufwändige Täuschungssysteme aufgebaut wurden, Sachverhalte systematisch verschleiert und unrichtige oder verfälschte Belege zu Täuschungszwecken verwendet wurden;Wiederholte Tatbegehungen über einen längeren Zeitraum mit dem Ziel einer nachhaltigen Schädigung des Steueraufkommens;
  • Systematische Scheinhandlungen / Scheingeschäfte oder Manipulationen der Buchhaltung;
    Einschaltung ausländischer Domizilgesellschaften oder Gewinnverlagerung ins Ausland.


Das vollständige Urteil finden Sie als 28 Seitiges PDF-Dokument 

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